Erfahrung führt nicht zu Kompetenz
Wer viel Erfahrung in der Teamführung besitzt, beherrscht sie umso besser. Eine Annahme, die weit verbreitet ist. Vor allem unter Personalern. Doch ist die Erfahrung alleine nicht ausschlaggebend, so das Ergebnis einer Studie des Wirtschaftspsychologen Uwe Kanning nach einem Bericht von Spiegel Online. Untersucht wurde, ob Führungs-Erfahrung und -Kompetenz zusammenhängen. Basis der Studie bildeten die so genannten Potentialanalysen von insgesamt 814 Mitarbeitern eines deutschen Unternehmens. Davon hatten 66 Prozent bereits Erfahrung in der Teamführung. Geprüft wurde ihre Eignung für Führungsaufgaben in einem Assessment Center – auf freiwilliger Basis. Im Ergebnis schnitten die Führungskräfte nicht besser ab als diejenigen, die noch keine Führungserfahrung hatten.
Außerdem wurde überprüft, ob Chefs mit zahlreichen Mitarbeitern besser als ihre Kollegen mit wenigen Mitarbeitern abschnitten. Doch konnte auch hier kein Zusammenhang zwischen der Anzahl und der Führungsqualität nachgewiesen werden.
Lediglich konnte gezeigt werden, dass zwischen Alter und Kompetenz ein Zusammenhang besteht. Das Ergebnis dürfte aber überraschen: Je älter ein Mitarbeiter war, desto schlechter war er geeignet. Wenn auch der Unterschied nur gering ausfiel.
Den Ergebnissen zufolge sollte Führungserfahrung also nicht das Maß aller Dinge sein, wenn es darum geht, nach einer Führungskraft zu suchen. Bereits eine amerikanische Meta-Analyse aus den Neunzigern führte zu ähnlichen Ergebnissen und unterstreicht damit die Ergebnisse von Kannings Studie.
Kompetenz ist erlernbar
Doch was ist eigentlich der Grund dafür, dass Erfahrung nicht automatisch zu mehr Kompetenz verhilft? Man könne nur über Feedback zur eigenen Leistung und dessen Akzeptanz an Kompetenz gewinnen, so Kanning gegenüber Spiegel Online. Deshalb rät er dazu, dass Mitarbeiter ihre Chefs regelmäßig und anonym bewerten. Personalern empfiehlt er, Führungskräfte mithilfe von Intelligenztests zu rekrutieren, denn diese gäben zuverlässig an, wie lernfähig ein Mensch sei.
Aber nicht alles, was zur Führungskompetenz gehört, ist erlernbar. So etwa Entscheidungsfreude oder Neugierde, die als angeborene oder früh erworbene Fähigkeiten gelten. Doch Eigenschaften wie Selbstvertrauen können in Seminaren trainiert werden. Man könne in Seminaren lernen, „ Emotionen bei sich und anderen besser wahrzunehmen und sensibel darauf zu reagieren“, so Jürgen Weibler, Professor für Betriebswirtschaft und Experte für Personalführung im Interview mit SZ Online. Auch Selbstreflexion ließe sich erlernen.
Merkmale einer guten Schulung
Ob ein Führungsseminar gut ist, soll nach Ansicht von Weibler daran erkennbar sein, ob es den Dozenten gelingt, ihr Wissen weiterzugeben. Es sollte Führung umfassend und in ihrer ganzen Komplexität vermitteln, nicht lediglich auf ein Prinzip setzen.
Damit ein Seminar auch langfristig nicht an Wirkung einbüßt, gibt es unter anderem ganz einfache Methoden. Zum Beispiel Feedback für Mitarbeiter. Deren Bedeutung ist unumstritten. Damit es auch in der Praxis nicht in Vergessenheit gerät, kann ein wöchentlicher Eintrag im Kalender daran erinnern, zu überdenken: Hätte ich in dieser Woche positives oder negatives Feedback geben müssen? Auch Zeitmangel solle kein Hindernis sein, an einer Weiterbildung teilzunehmen, denn diese vereinfache die Praxis. Vor allem die Chefs, die sich für perfekt hielten, hätten eine Weiterbildung nötig, so Weiberl. Chefs, die freiwillig lernen wollen, zeigen hingegen Selbstreflexion.
In Deutschland gelte jemand per se als Führungskraft, wenn er eine leitende Position innehat. Doch sei nur derjenige eine echte Führungskraft, dem die Mitarbeiter dies auch zuschreiben. Für alle Führungskräfte in Baden-Württemberg und darüber hinaus: Hier gibt es mehr Informationen zu Führungskräfte Training.